Erstaunlicherweise ranken sich um schnöde Salatgurken verschiedene Mythen. So soll die EU, nur weil sie es kann, den Krümmungsgrad für Gurken festgelegt haben. Wieder nur Vorschriften und Bürokratie aus Brüssel 1!11 Und der Wahnsinn nimmt seinen Lauf, weil irgendwer die Gurken, obwohl sie doch eine Schale haben, in Plastik einschweißt. Skandal!
Da dies alles so nicht wirklich wahr ist, atmen wir jetzt alle einmal tief durch und steigen ein, in die Causa Salatgurke.😉
Die Salatgurke
Die Salatgurke (Cucumis sativus) gehört zur Gattung der Gurken und ist ein Gemüse aus der Familie der Kürbisgewächse. Sie hat lange, glatte Früchte, die bis zu 35 cm lang werden, und zeichnet sich durch ihre dünne, essbare Schale sowie einen milden, frischen Geschmack aus. Mit einem Wassergehalt von über 95 % ist die Salatgurke kalorienarm und ideal, um sie roh zu essen.
Im Vergleich zu Einlegegurken ist sie empfindlicher gegenüber Witterungseinflüssen. Salatgurken können roh als Snack, in Salaten oder in Erfrischungsgetränken verwendet werden. Zudem enthalten sie wertvolle Nährstoffe wie Antioxidantien, Vitamine und Mineralstoffe, insbesondere in der Schale. Sie werden in der Regel 7–10 Wochen nach der Aussaat geerntet und sind bei richtiger Lagerung etwa ein bis zwei Wochen haltbar.
Das Thema “Lagerung” wird uns unten noch einmal beschäftigen.
Die Gurkenverordnung
Die sogenannte “Gurkenverordnung” der EU (Verordnung Nr. 1677/88/EWG) war von 1988 bis 2009 in Kraft und regelte unter anderem die maximale Krümmung von Salatgurken der höchsten Güteklasse. Diese Verordnung war keine Erfindung übereifriger EU-Bürokraten, sondern basierte auf bereits bestehenden nationalen Normen und Wünschen von Handelsverbänden. Sie war Teil umfassenderer Qualitätsnormen für Obst und Gemüse und entsprach weitgehend internationalen Standards der UN-Wirtschaftskommission für Europa (UNECE).
Die Verordnung legte fest, dass Gurken der Klasse “Extra” auf einer Länge von 10 cm maximal 10 mm gekrümmt sein durften. Ziel war es, für den Handel eine effiziente Verpackung zu ermöglichen. Obwohl die EU die Verordnung 2009 abschaffte, halten viele Großhändler und Supermärkte aus logistischen Gründen weiterhin an ähnlichen Standards fest.
Es war also der Wunsch des Handels, dass Salatgurken möglichst gerade sein sollen, weil sie dann besser in Kartons passen. So logisch wie banal und keine Idee von Politiker*innen.
Gurken in Plastik
Einer der Hauptgründe für die Verwendung von Plastikverpackungen bei Gurken ist der Schutz vor Transportschäden und Austrocknung. Die dünne Folie aus Polyethylen hilft, die Gurken länger frisch zu halten.
Oben hatten wir gesehen, dass Salatgurken nur ein bis zwei Wochen frisch bleiben. Da wir Konsument*innen aber keine weichen Gurken kaufen, sondern sie möglichst das ganze Jahr über knackig-frisch haben möchten, sind die Gurken schnell unverkäuflich. Die Plastikverpackung verhindert also Lebensmittelverschwendung, weil die Supermärkte weniger Gurken wegwerfen müssen.
Ein weiterer Grund für die Verpackung von Bio-Gurken in Plastik ist die Unterscheidbarkeit von konventionellen Produkten. Da Bio-Produkte oft in kleineren Mengen angeboten werden, wird durch die Verpackung eine klare Differenzierung ermöglicht, was letztlich zu einem geringeren Plastikverbrauch führt als bei einer Verpackung aller konventionellen Gurken.
Einige Supermärkte, wie Edeka, haben jedoch begonnen, auf Plastikverpackungen zu verzichten und bieten Gurken unverpackt an.
Die Salatgurke in Plastik ist ein schönes Beispiel dafür, dass Nachhaltigkeit manchmal komplizierter ist, als wir auf den ersten Blick annehmen. Es kann eben unter dem Strich nachhaltiger sein, das Plastik zu produzieren und zu entsorgen, als zu viele Nahrungsmittel wegzuwerfen.
Der Nachhaltigkeitstipp für Gurken heißt also nicht, “kaufe sie nicht in Plastik”, sondern “kaufe sie, wenn sie bei uns Saison haben, möglichst Bio und von einem regionalen Anbieter, ohne Plastik”. Wann Gurken bei uns aus dem Freilandanbau kommen, siehst du in meinen Saisonkalendern.
Aus einem vorher ganz einfachen Tipp ist nun eine komplexe Kaufempfehlung geworden, die wohl nur von wenigen Öko-Fans wirklich umgesetzt werden wird. Die Causa Gurke in Folie zeigt, dass nachhaltig zu leben eben nicht immer nur einfach ist, sondern häufig schnell kompliziert werden kann. Leider, denn so werden wir die Tausenden Otto Normalos nicht überzeugen. Doch das ist eine ganz andere Geschichte, die ich an einem anderen Ort noch weiter ausführen werde.