Im Winter füttern viele die Singvögel in ihrem Garten oder auf dem Balkon. Das ist selbstverständlich toll, reicht jedoch leider nicht aus. Unsere Wildvögel benötigen mittlerweile das ganze Jahr über unsere Unterstützung.
Lebensräume und Futterangebote sind heute so weit zurückgegangen, dass viele unserer heimischen Vogelarten ohne Hilfe verschwinden würden. In manchen Gegenden sind einzelne Vogelarten, die ich noch aus meiner Kindheit kenne, verschwunden, wie z. B. die Feldlerche. Vielleicht erinnerst du dich auch noch an ihren zwitschernden Gesang, weit oben aus der Luft, wenn du durch die Wiesen gegangen oder geradelt bist.
Heute werden unsere Wiesen so intensiv bewirtschaftet, dass die Lerche kaum noch eine Chance hat, ihren Nachwuchs aufzuziehen. Ihr Lebensraum ist vielerorts verschwunden und damit auch sie selbst.
In Deutschland haben wir einen Insektenschwund von rund 70 Prozent. Hiervon sind auch die Singvögel betroffen. Zum Glück sind viele unserer Arten recht generalistisch, sodass wir ihnen mit Saaten, Flocken und Obst helfen können.
Das Wichtigste jedoch ist, dass du deinen Garten möglichst naturnah gestaltest. Das hilft allen heimischen Tieren, von Insekten, über Reptilien und Wildvögel, bis zu Kleinsäugern wie, Siebenschläfer, Igel oder Eichhörnchen.
Unsere Wildvögel lassen sich grob in zwei Gruppen einteilen: die Körnerfresser und die Weichfresser.
Die Weichfresser
Weichfresser suchen meist am Boden nach Nahrung. Zu ihnen gehören Rotkelchen, Amsel, Star, Zaunkönig oder Heckenbraunelle. Für sie sind Futterstellen am Boden am besten, in denen du zum Beispiel geölte Haferflocken anbieten kannst. In unserem Garten gehen die Weichfresser aber auch alle ins Futterhäuschen. Wenn du also nicht am Boden füttern möchtest, kein Problem.
Mein Rezept für geölte Haferflocken
- 8-10 Pakete Haferflocken (6-8x kernige, 2-4x feine)
- 1 Liter Pflanzenöl, z.B. Distel- oder Sonnenblumenöl
- 3-4 Tüten ungeschwefelte Rosinen
Die erste Hälfte der gemischten Haferflocken in einen großen Eimer schütten, dann ca. die halbe Flasche Öl darauf gießen. Umrühren. Rosinen und die zweite Hälfte der Haferflocken rein. Rest des Öls und die restlichen Rosinen hinzufügen und wieder kräftig umrühren.
Viele empfehlen, das Öl vorher zu erhitzen. Es soll dann besser von den Flocken aufgenommen werden. Ich habe beides probiert und keinen Unterschied festgestellt. Also spare ich mir das Erhitzen.
Auch behaupten manche, dass nicht geölte Haferflocken im Vogelmagen aufquellen und dadurch dem Vogel schaden könnten. Dies bestreiten alle Vogelkundigen und auch ich habe bei allen unseren Singvögeln keine negativen Reaktionen auf ein paar Haferflocken mit zu wenig Öl beobachten können.
Ganz auf das Öl verzichten solltest du aber auch nicht, da das Fett für die Vögel die wichtigste Energiequelle ist.
Alternativ, wenn du z. B. kein Futterhaus hast, kannst du auch Rindertalg oder Kokosfett (Palmin) nehmen, schmelzen, dann die Körner hinein, in alte Tassen, Kaffeebecher oder Kokosnussschalen füllen und nach dem Erkalten in die Bäume hängen. Hierfür aber auf keinen Fall Frittierfett oder bereits in der Küche genutztes Fett nehmen.
Alternative Quetschhafer
Im Land- oder Tierfutterhandel gibt es auch geölten oder ungeölten Quetschhafer in 25 kg Säcken. Ich teste gerade, wie unsere Gartenvögel auf den Quetschhafer mit Leinöl reagieren. Dieser Hafer ist günstiger als die Haferflocken aus dem Supermarkt. Ich habe ihn für 0,80 Euro/kg erhalten. Da die Preise für Haferflocken im Handel in den vergangenen Monaten stark gestiegen sind, liegen diese schon bei 1,58 Euro/kg, im Sonderangebot etwas günstiger. Mit Quetschhafer lässt sich also viel Geld sparen.
Udate: Nach ein paar Tagen kann ich sagen, dass die “flockigen” Teile des Quetschafers sofort von Amseln, Staren, Spechten und Rotkelchen verputzt werden. Die ganzen Haferkörner bleiben lange liegen, werden dann aber bis auf einen kleinen Rest auch genommen. Die Weichfresser werden also ihrem Namen gerecht und möchten lieber Haferflocken.
Die Körner- oder Allesfresser
Zu den Körner- bzw. Allesfressern zählen die Meisen, Spechte, Finken, Kleiber und Spatzen. Sie freuen sich über Sonnenblumenkerne, Hanf, Hirse und Nüsse. Bei Nüssen gibt es unterschiedliche Meinungen. Manche sagen, Erdnüsse sollten auf keinen Fall an unsere Wildvögel verfüttert werden, das sehen aber zumindest unsere Meisen, Spechte und Kleiber ganz anders. Die fallen wie die Hyänen über Erdnüsse her. Und sogar den kleinen Blaumeisen sind ganze Erdnüsse nicht zu groß. Die werden oben auf einem Ast fein säuberlich in kleine Häppchen zerteilt. Zur Freude vieler anderer Gartenbewohner fällt dabei immer etwas herunter.
Futtermischungen für Wildvögel
In vielen Futtermischungen, die im Handel erhältlich sind, findest du jede Menge Weizen, Gerste oder ganze Haferkörner. Das ist preisgünstige Füllmasse, die aber von den Wildvögeln in hohem Bogen aus den Futtersäulen und -häusern gepfeffert wird. Sie fressen das so gut wie gar nicht. Daher achte auf eine optimale Zusammensetzung oder hoffe darauf, dass genug Tauben bei dir vorbeikommen, die diese Körner gern nehmen. Solltest du Hühner halten, freuen diese sich ebenfalls.
Bei mir hat es sich in den vergangenen Jahren bewährt, das Futter einzeln zu kaufen. So habe ich keine ungenutzten Sämereien und kann genau das füttern, was von meinen gefiederten Gästen gewünscht wird. Seit ich das so mache, kaufe ich nur noch ungeschälte Sonnenblumenkerne, gelbe Hirse, Hanfsaat und Meisenknödel. Und es gibt natürlich die geölten Haferflocken bzw. Quetschhafer.
Wenn du Platz zum Lagern hast, empfiehlt es sich, das Futter gleich in 20 bis 25 Kilo-Säcken zu kaufen. Dann ist es günstiger.
Meisenknödel
Meisenknödel werden von vielen Wildvögeln genutzt. Bei uns sind es natürlich die verschiedenen Meisen, Spatzen, Spechte, Kleiber und Stare. Füttere Meisenknödel immer ohne Plastiknetz und nutze die praktischen Meisenknödelhalter. Wenn du hierfür kein Geld ausgeben möchtest, dann tut es auch ein alter Schneebesen, den du kopfüber an einen Ast hängst und die Meisenknödel dort hineintust.
Sonstiges Futter
Viele Vögel nehmen auch gern Obst oder Gemüse. Amseln zum Beispiel freuen sich über aufgeschnittene Äpfel. Bevor du also einen schrumpeligen, nicht fauligen oder schimmelnden, Apfel in den Müll wirfst, schneide ihn einmal durch und lege ihn den Vögeln hin.
Grundsätzlich sollten aber keine verarbeiteten Lebensmittel an Wildvögel verfüttert werden, also kein Brot, kein mit Salz gekochter Reis (ohne Salz ist okay, wird aber auch meist nur von Tauben angenommen) oder gesalzene Kartoffeln.
Wasser
Wenn in deiner Nähe keine Gewässer vorhanden sind, solltest du auch Wasserstellen aufstellen. Gerade im Sommer sind Wildtiere dankbar dafür und brauchen unsere Unterstützung.
Eine Wasserstelle sollte so konzipiert sein, dass darin keine Tiere ertrinken können. Bestenfalls nimmst du eine flache Schale oder erhöhst in höheren Gefäßen den Grund mit Steinen oder grobem Kies. Dann lege bitte noch einen Stock oder Ast ins Wasser, an dem Tiere wieder herausklettern können.
Möchtest du auch Insekten, wie Wildbienen, helfen, dann gestalte den Zugang zum Wasser möglichst flach. Steine, Äste oder auch Moos eignen sich hier besonders gut.
Wenn du keinen (Mini-)Teich anlegst, der die Wasserqualität selbst regelt, solltest du die Wasserstelle ebenso regelmäßig reinigen wie Futtersäulen oder -häuser. Mehr dazu etwas weiter unten.
Raben- und Raubvögel
An einer gut bestückten Futterstelle für Wildvögel tauchen natürlich auch Gäste auf, die man vielleicht beim Gedanken an ein paar niedliche Singvögel nicht auf dem Radar hatte. Dazu gehören Rabenvögel wie Eichelhäher oder Saatkrähen.
Der Eichelhäher nimmt gern Erdnüsse in Schale, die Saatkrähen sind flexibel, nehmen Früchte, Beeren, Gemüse, Karotten, Gurken, Kürbis oder Nüsse. Sie freuen sich ebenso über gekochte Eier und lassen auch Katzenfutter nicht stehen.
Und es seien auch noch die Raubvögel erwähnt. Insbesondere Sperber machen gern Jagd zwischen Wohnhäusern. Es wird also vorkommen, dass Sperber oder auch Eulenvögel einige “deiner” Wildvögel schlagen. Freue dich an dem Anblick dieser eleganten Jäger und dass auch sie und ihr Nachwuchs durch deine Futterstelle satt werden.
Ratten und Mäuse
Diese Nager sind schon immer unsere Begleiter gewesen und natürlich können auch sie an deiner Futterstelle auftauchen. Nicht jede Maus oder Ratte ist gleich ein Problem oder eine “Plage”. Diese Tiere haben eben auch Hunger. Dennoch solltest du es beobachten und wenn es zu viele Tiere werden, die sich auch noch am Tage zeigen, dann musst du handeln.
Zunächst das Futter so sichern, dass möglichst nichts auf den Boden fällt. Du kannst zum Beispiel Blumentopfuntersetzer unter deinen Futtersäulen montieren.
Die Bodenfütterung solltest du einstellen und den Vögeln erhöhte Stellen anbieten, von denen möglichst kein Futter herunterfällt und Mäuse und Ratten nicht hingelangen.
Zusätzlich kannst du auch täglich den Boden an deiner Futterstelle reinigen und die Futterreste entfernen.
Wenn dies alles nicht hilft, dann wirst du das Füttern einstellen müssen. Manchmal reicht es, dies nur zeitweilig zu tun, bis die Nager weitergezogen sind.
Sollten die ungebetenen Gäste weiterhin in großer Zahl bei dir sein, obwohl du nicht mehr fütterst, musst du einen Kammerjäger bestellen, der sich darum kümmert.
Sauberkeit an der Futterstelle
Grundsätzlich solltest du immer dafür sorgen, dass die Futterstelle sauber ist. Futterhäuschen und -silos regelmäßig mit heißem Wasser reinigen. Ein Schuss Essig ins Wasser schadet nicht, aber bitte nicht zu hoch dosieren, wenn du damit im Garten hantierst.
Futterstellen sind, durch den engen Kontakt vieler Wildvögel, immer auch Brutherde für ansteckende Krankheiten. Achte also immer darauf, ob mehrere Wildvögel Krankheitssymptome zeigen oder sogar verenden. Sollte dies der Fall sein, räume bitte alles ab, reinige alles penibel und beobachte es weiter.
Die Meinungen gehen auseinander, ob nun die Fütterung eingestellt oder zum Schutz der gesunden Tiere weitergeführt werden sollte. Ich hatte in den vergangenen Jahren schon mehrfach Viruserkrankungen unter den Wildvögeln in meinem Garten. Mal traf es Finken, ein anderes Mal Meisen. Ich habe unter strenger Beobachtung weiter gefüttert und kann sagen, dass die Bestände sich immer schon im darauffolgenden Jahr wieder erholt hatten.
Wie du dich in einem solchen Fall entscheidest, kann ich dir nicht raten. Du wirst dich aber damit abfinden müssen, dass die Tiere eben auch bei dir sterben. Manchmal wegen Krankheit, manchmal wegen ihres Alters und manchmal, weil sie ein anderes Tier ernähren.
Fütterst du Wildvögel in deinem Garten oder auf deinem Balkon? Erzähle uns davon in den Kommentaren.