Sind wir Recycling- oder Müllexportweltmeister? Beides. Und das sollte uns zu denken geben.
Müllaufkommen
2021 haben wir Deutschen 411,5 Millionen Tonnen Müll produziert. Der größte Teil davon sind Bau- und Abbruchabfälle (222 Mio. t). Siedlungsabfälle, zu denen auch die Haushaltsabfälle gehören, machten mit knapp 50 Millionen Tonnen 12,6 Prozent aus. Die Abfallstatistik des Statistischen Bundesamts weist für 2021 Haushaltsabfälle von 40,3 Millionen Tonnen aus. Das ergibt 484 Kilogramm Müll pro Kopf (Umweltbundesamt).
2022 ist das Aufkommen bei Haushaltsabfällen aber um rund 3,3 Mio. Tonnen gesunken und lag bei 37 Mio. Tonnen. Da in diesem Jahr 1,1 Millionen Menschen zugewandert sind, kommen wir nun auf rund 438 Kilogramm Müll pro Kopf. Das ist der niedrigste Stand seit 2004. So erfreulich wie diese Senkung ist, schaut man auf Verpackungen, sieht es ganz anders aus.
Plastikverpackungen: Es ist kompliziert
2021 haben wir Deutschen so viele Verpackungen verbraucht, wie noch nie: 19,7 Millionen Tonnen.
Die Gründe dafür liegen in unseren veränderten Lebensbedingungen und Gewohnheiten. Immer mehr Single-Haushalte und die steigende Zahl von Senior:innen führen zu immer kleineren Verpackungsgrößen und damit zu mehr Verpackungsmüll.
Unsere Konsum- und Einkaufsgewohnheiten führen dazu, dass wir zunehmend Lebensmittel und Getränke in Plastikverpackungen kaufen. Hinzu kommt der Außer-Haus-Verbrauch, Fast Food und To-Go-Angebote, die die Müllberge wachsen lassen.
Und auch der zunehmende Online-Handel schlägt mit mehr Verpackungsmüll zu Buche.
Schaut man sich die Recyclingquoten bei Verpackungsmaterialien an, steht Deutschland mit über 70 Prozent im europäischen Vergleich gar nicht so schlecht da.
Recyclingquoten Verpackungen 2021 (Quelle: UBA)
- Aluminium: 62,4 %
- Papier und Karton: 85,1 %
- Glas: 80,3 %
- Kunststoffverpackungen: 48,4 %
- Holz: 31,6 %
- Eisenmetalle: 86,7 %
6,6 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle, davon 5,4 Millionen Tonnen von privaten und gewerblichen Endverbrauchern, weist der NABU für 2021 aus. Pro Kopf sind dies 76 Kilogramm, davon 38 Kilogramm Verpackungen.
Recycling von Kunststoffverpackungen
Das Recycling von Kunststoffverpackungen ist noch verbesserungsfähig. 44 Prozent wurden 2019 verbrannt und dieser Wert hat sich in den darauffolgenden Jahren nicht entscheidend verbessert.
Für die Industrie ist es einfacher und günstiger, neue Kunststoffe herzustellen, als bereits verwendete zu recyceln. Ein Problem sind die Verbundstoffe, bei denen verschiedene Plastiksorten miteinander verbunden werden. Diese können nicht wieder getrennt und recycelt werden. Auch Verunreinigungen, Weichmacher oder Flammschutzmittel erschweren das Recycling.
Beim Recycling von Plastik sinkt meist die Qualität des neuen Produkts. Es ist also mehr ein Downcycling.
So finden recycelte Kunststoffe meist keine Verwendung bei Lebensmittelverpackungen und so nur einen begrenzten Absatzmarkt. Die Folge ist entweder die Verbrennung oder der Export unseres Mülls in andere Länder wie Malaysia, Indien oder die Türkei. Hier waren wir Deutschen 2022 mit über 740.000 Tonnen Exportweltmeister in Europa.
Geschätzt landen von diesem exportierten Müll drei Prozent in den Ozeanen, d. h. über 22.000 Tonnen unserer Joghurtbecher, Blumentöpfe und Milchtüten kommen jedes Jahr zu den gigantischen Plastikmengen in den Weltmeeren hinzu. Nur aus Deutschland.
22.000 Tonnen sind 22.000.000 Kilogramm.
Das entspricht ungefähr 146 großen Blauwalen oder
3.600 ausgewachsenen, Afrikanischen Elefanten.
Die Industrie ist gefordert, andere Verpackungsdesigns zu nutzen, die über den gesamten Lebenszyklus der Verpackung nachhaltig sind. Möglichst wenig Einsatz von Ressourcen, die nicht aus den Recyclingkreisläufen stammen, möglichst unverbundene Materialien und möglichst natürliche Materialien.
Wir Verbraucher können unser Einkaufs- und Konsumverhalten überprüfen und auch bei Verpackungen „mit den Füßen abstimmen“. Und hier geht viel mehr, als nur einen Stoffbeutel mit in den Supermarkt zu nehmen. Mehr zur Kreislaufwirtschaft und was wir dazu beitragen können, liest du hier.
Mülltrennung
Politik und wir Privatpersonen haben in den vergangenen Jahren viel getan, die Recyclingquoten zu verbessern. Doch es geht noch mehr.
70 Prozent der Abfälle, die in der Restmülltonne landen, gehören dort gar nicht hin. 40 Prozent des Restmülls besteht z. B. aus Bioabfällen (Küchen-, Nahrungsmittelabfälle, Gartenabfälle, Kleintierstreu, verpackte Lebensmittel). Würde das alles in der Biotonne landen, könnte es sinnvoll verwertet werden.
Jährlich landen 3,3 Millionen Tonnen Bioabfälle im Restmüll. Würden diese im Biomüll entsorgt und in Biogasanlagen verwertet werden, wären 165.000 Vier-Personen-Haushalte ein Jahr lang mit Strom versorgt oder es könnten 400 Millionen Blumenkübel befüllt werden (Quarks).
Hier liest du, wie du selbst mehr von deinem Obst und Gemüse nutzen kannst und so Müll reduzierst.
Wenn du wissen möchtest, wie gut du selbst Müll trennst, dann mache doch einmal mein Mülltrennung-Quiz.
Müllvermeidung
Da Alternativen wie Bio-Plastik- oder Papiertüten nur auf den ersten Blick sinnvoll erscheinen (mehr dazu in den Tipps), liegt die Lösung auch hier in der Vermeidung von Müll. Alle Verpackungen, die gar nicht erst produziert wurden, müssen weder gesammelt noch recycelt werden und landen auch nicht im Meer.
Abfallaufkommen im Jahr 2021, Pressemeldung Statistisches Bundesamt
Was bedeuten die Recyclingsymbole auf den Verpackungen? Verbraucherzentrale
Sehr ausführlicher Artikel inkl. einem Mülltrennungs-Quiz von Quarks: Das solltest du über Recycling wissen
Kunststoffabfälle in Deutschland 2021, NABU
Abfälle privater Haushalte, Umweltbundesamt
Wenn du noch mehr über unseren Müll und das Recycling erfahren möchtest, empfehle ich dir dieses Video.
Wie versuchst du Plastik und Kunststoffverpackungen zu vermeiden? Und hast du das Gefühl, dass es dir gut gelingt? Ich freue mich auf deine Sichtweise in den Kommentaren.